VERNEHMLASSUNG ZUR KULTURBOTSCHAFT 2021-2024: STELLUNGNAHME CINEDUCATION.CH

Der Bundesrat hat am 29. Mai 2019 das EDI beauftragt, ein Vernehmlassungsverfahren zur Botschaft zur Förderung der Kultur in den Jahren 2021-2024 (Kulturbotschaft) durchzuführen. Die Vernehmlassung dauerte bis zum 20. September 2019.

In einem Schreiben an den Bundesrat formuliert cineducation.ch seine Positionierung als gesamtschweizerischer Verein zur Förderung der Filmvermittlung und Filmbildung.

Bundesamt für Kultur stabsstelledirektion@bak.admin.ch

Zürich, 19. September 2019

_______________________

Vernehmlassung zur Kulturbotschaft 2021-2024: Stellungnahme Cineducation.ch

Sehr geehrte Damen und Herren

Besten Dank für Ihr Schreiben vom 29. Mai 2019 und der Möglichkeit sich als Dachverband von Projekten und Institutionen, die sich im Bereich der Filmbildung und Filmvermittlung in der Schweiz betätigen, eine Stellungnahme zur Kulturbotschaft 2021-2024 abgeben zu können.

Allgemeine Bemerkungen

Generell erachten wir den Entwurf zur Kulturbotschaft 2021-2024 in seinen Grundzügen als eine gute Grundlage und befürworten die Beibehaltung der drei bisherigen Handlungsachsen „Kulturelle Teilhabe“, „Gesellschaftlicher Zusammenhalt“, „Kreation und Innovation“ sowie neu die Ergänzung durch den Akzent „Digitalisierung“.

Lebens- und Medienwelten sind heute untrennbar miteinander verbunden. Insbesondere audiovisuelle Medien sind durch die Digitalisierung in verschiedensten Formen und verschiedenen Kanälen ständig verfügbar und in unserem Alltag präsent. Dies gilt in besonderem Masse für Kinder und Jugendliche, die unter diesen Bedingungen und Möglichkeiten der medialen Alltagskultur aufwachsen und zunehmend auch aktiv mit ihren mobilen Endgeräten Filme produzieren und in der sozialen Kommunikation einsetzen. Angesichts dieses Stellenwerts und Potenzials des Films in der Gesellschaft sollte die Ausbildung der Kenntnisse und des Wissens sowie der kreative Umgang mit Filmen mehr gefördert werden. Filmbildung als Leitmedium des 21. Jahrhunderts kommt als Gegenstand der Bildung ein wichtiger Stellenwert zu. Allerdings wird der Film selbst, sein didaktisches und soziales Potenzial, seine medialen Eigenschaften, seine spezifische Sprache mit Bildern und Tönen, seine Geschichte bis anhin noch zu wenig thematisiert, wozu die Kulturbotschaft 2021-2024 einen Anlass bietet, dies zum Guten zu ändern.

Förderung der Filmkultur

Im Zusammenhang mit der Förderung der Filmkultur sind wir erfreut, dass unter dem Kapitel Filmkultur (vgl. 2.3.6.2) nun explizit „Institutionen, welche die Sensibilisierung von Kindern und Jugendlichen für das Me- dium Film zum Ziel haben“ erwähnt sind. Ausserdem begrüssen wir die neuen, jetzt konkret ausgespro- chenen Ziele und Massnahmen sehr, dass zukünftig die Filmvermittlung für Kinder und Jugendliche sowie weiterer spezifischen Zielgruppen in die Strategie des BAK zur kulturellen Teilhabe eingebunden und mit den Kantonen koordiniert werden sollen.

Damit enthält das Kapitel Filmkultur eine wichtige Basis, um der Verbreitung der Filmkultur und der Vertiefung des Filmverständnisses gemäss Art. 5.a FiG das gleiche Gewicht wie anderen Formen (film)kul- tureller Aktivitäten einzuräumen. So selbstverständlich wie die Leseförderung in der Kulturbotschaft unter- stützt wird, muss heutzutage angesichts der immensen Quantität audiovisueller Produkte, auch das Lesen und Verstehen von bewegten Bildern gefördert werden. Der Zahlungsrahmen im Kapitel 4.1.3 (S. 50) zeigt die momentane Gewichtung der Bereiche auf. Für die Filmproduktion wird zwei Drittel mehr Budget zur Verfügung gestellt als für die Filmkultur bzw. für die Filmvermittlung. Die zur Verfügung gestellten Mittel müssten für diese beiden Bereiche gleich sein, denn wenn die Filmvermittlung nicht intensiviert durch- geführt werden kann, wird das Publikum der Zukunft in den Kinos ausbleiben, wie die neuesten Trend- zahlen aus dem Jahr 2018 zeigen (Kap. 2.3.6, S. 27). Auch ein Interesse am Schweizer Film lässt sich längerfristig nur durch Filmbildung im schulischen und ausserschulischen Rahmen gewährleisten. Dies steht auch im Kontext des Lehrplans 21. In diesem Zusammenhang begrüssen wir auch die Bemühungen, Schweizer Filme online zugänglich zu machen.

Kulturelle Teilhabe

Wir legen dringend nahe, im Kapitel der Kulturellen Teilhabe (2.6.1) – nebst expliziter Fördermassnahmen von Laienkultur, Projektförderung Kultureller Teilhabe, Leseförderung, Musikalische Bildung und Bewa- hrung des immateriellen Kulturerbes – unbedingt „Filmbildung und Filmvermittlung“ zu ergänzen. Die audiovisuelle Kompetenz ist eine Grundlage für die in der Botschaft ausgeführten kulturellen Teilhabe, was in der heutigen Zeit der Digitalisierung, um so wichtiger geworden ist. Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene sollten audiovisuelle Produkte auf möglichst unterschiedliche Weise vermittelt bekommen und Informationen aus ihnen ziehen können. Sie sollen ihnen aber auch kritikfähig begegnen können und ihren Inhalten nicht nur ausgeliefert sein. Gerade auch benachteiligte und beeinträchtigte junge Menschen oder junge Menschen mit Migrationshintergrund erhalten durch bewegte Bilder einen erleichterten Zugang zur Kultur, was ganz neue Chancen eröffnet. Auch durch Produktion eigener Bilder können sie ihre persönliche Denk- und Sichtweise mitteilen oder auch reflektieren. Dazu braucht es systematische Vorgehensweisen im schulischen und ausserschulischen Bereich für Kinder und Jugendliche einerseits sowie Ausbildungen von Lehrpersonen und Weiterbildungen für Erwachsene andererseits. Filmvermittlung, sowohl praktische als auch analytische, kann die individuelle und kollektive Auseinandersetzung mit der schweizerischen und der eigenen Kultur im positiven Sinne stärken. Sie ermöglicht ausserdem auch die aktive Mitgestaltung des kulturellen Lebens und den kulturellen Selbstausdruck, wie es eine der strategischen Handlungsachsen der Kulturpolitik des Bundes der „Kulturellen Teilhabe“ vorsieht. Auf diesem Boden würden auch die vom Bund unterstützten Institutionen und jene, die es bedauerlicherweise nicht sind, aber das nationale und interna- tionale Filmerbe erhalten und zeigen, auf mehr Interesse stossen. So könnten auch jene Kinos und Fes- tivals Subventionen erhalten, die durch vergünstigte Ticketpreise das Schweizer Filmerbe für Zuschauer und Zuschauerinnen attraktiv machen. Filmvermittlung muss neue Wege gehen, aber jeder investierte Franken fliesst mehrfach zurück.

Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und die wohlwollende Prüfung unserer Anliegen. Für Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichem Gruss

Julia Breddermann
Für den Vorstand des Vereins cineducation.ch